Wie fühlt es sich eigentlich an, den ersten Hörbuch-Schnipseln des eigenen Werkes zu lauschen?

Autorinnenfoto ©SwitchStudio
Franziska Jebens, die Autorin von IMMER AM MEER ENTLANG, verrät es uns. Ein Erlebnisbericht:

…und dann tippe ich »Hiermit gebe ich das Manuskript zum Druck frei« in meinen Laptop und damit in die Mail an meinen Verlag und drücke auf Senden.
Jetzt gibt es kein Zurück mehr. Etwas mehr als ein Jahr meines Lebens habe ich mit dieser Geschichte, mit meinen Protagonist*innen Josi und Paul und immer am Meer entlang verbracht. Habe mit ihnen salzige Meeresluft geatmet, bin mit ihnen in atemberaubenden Buchten gestrandet, habe mit ihnen den hellblauen Oldtimer-Bulli oder das knallrote, klapprige Buschtaxi mit Blick auf den Strand und den Sonnenuntergang geparkt, mit ihnen Kaffee zubereitet, Fisch gegrillt, Möwen hinterhergeschaut, Sternschnuppen gezählt, hatte den sonnengeküssten Fahrtwind im Haar, das Fernweh im Herzen und habe mich gemeinsam mit ihnen ins Leben, ins Reisen, in die Liebe verliebt.
Jetzt lasse ich die beiden und ihre Geschichte los, lasse sie in die Welt, weiß, dass Josi und Paul bald auf Leser*innen und Hörer*innen treffen, die ihre Abenteuer hoffentlich genau so genießen und lieben wie ich.

Jetzt lasse ich die beiden und ihre Geschichte los

Wenig später bekomme ich eine Nachricht von Corinna Dorenkamp. Sie ist eine unglaublich tolle Hörbuchsprecherin, die auch meine drei vorherigen Romane eingesprochen hat. Sie schreibt, wann die Aufnahmen stattfinden, fragt, ob ich dabei sein will. »Dieses Mal schaffe ich es leider nicht. Aber ich würde mich freuen, wenn Du mir ein paar Hörschnipsel aus dem Studio schicken könntest«, antworte ich.
Darum bitte ich auch Louis Friedemann Thiele, der Paul seine wunderbare Stimme und sein Können schenkt.

Statt mir also die Geschichte anzuhören, schneide ich lieber erstmal extra sorgfältig viel zu viele Zwiebeln.

Noch während die beiden im Studio sind, kommen sie meiner Bitte nach.
Ich sehe die Audio-Dateien in meiner Inbox, traue mich aber nicht, sie zu öffnen. Zu real wird das Buch dadurch, denke ich. Und dann denke ich weiter, wie verrückt und paradox so ein Gedanke ist. Denn: Hello! It’s happening! In einigen Wochen ist der Erscheinungstermin, den ich so sehr herbeigesehnt habe, vor dem ich mich aber auch, wie bei jedem Buch, ein bisschen fürchte.
Statt mir also das Geschickte anzuhören, schneide ich extra sorgfältig viel zu viele Zwiebeln für eine Gemüsesuppe und tue für eine Weile so, als hätte ich überhaupt gar keine Nachricht mit irgendwelchen Anhängen bekommen.
Lächerlich, ich weiß. Besonders für jemanden, der immer propagiert, wie wichtig es ist, seine Komfortzone zu verlassen. Aber manchmal kann ich eben einfach nicht aus meiner Haut.

Ich erkenne die Sätze, aber jetzt gehören sie nicht mehr nur mir.

Schließlich ergreift mein Mann Carsten die Initiative, schließt den Laptop an unsere Anlage an, drückt auf Play und Corinnas wunderbare Stimme schwebt durch den Prolog.
Ich lasse die Zwiebeln links liegen, setze mich für einen Moment auf den Sessel am Ofen und genieße.
Leicht, hell, einladend, freundlich kommen Worte aus ihrem Mund, die ich an einem warmen Herbsttag geschrieben habe, die ich zu Sätzen geformt habe. Sie fliegen durch die Luft und in mein Herz. Ich erkenne die Sätze, aber jetzt gehören sie nicht mehr nur mir.
Ich schließe die Augen, höre, was Corinna da sagt, und vor allem wie sie es sagt.
Ich muss ein bisschen weinen. Nicht wegen der Zwiebeln, sondern weil Corinna meinem Geschriebenen mit ihrer Kreativität Leben einhaucht und auch, weil ich die Worte mag, die ich jetzt von ihr höre.
Es ist der beste Test für meinen Text, wenn ich ihn vorgelesen bekomme.
Zumindest für diesen kurzen Schnipsel kann ich jetzt sagen, der Text ist so geworden, wie ich ihn mir vorgestellt habe.
Erleichtert lehne ich mich zurück. Ein weiterer Teil der Anspannung, die zu der Veröffentlichung eines Buches gehört, weicht aus meinem Körper.

Wollte ich noch vor ein paar Minuten nicht mit dem Hören beginnen, so will ich jetzt nicht mehr damit aufhören.

Wenig später dann ein Stück aus dem ersten Paul-Kapitel. Meine Freuden- und Erleichterungstränen sind getrocknet. Jetzt muss ich lachen, weil Louis die Gnatzigkeit und die Antihaltung von Paul am Anfang des Buches nicht besser hätte darstellen können. Ich liebe Louis´ Paul!
Wollte ich noch vor ein paar Minuten nicht mit dem Hören beginnen, so will ich jetzt nicht mehr damit aufhören. Ich kann nicht erwarten, zu erfahren, wie die beiden die anderen Charaktere angelegt und interpretiert haben, welche Klangfarben ihrer Stimmen sie Josis Freundinnen Dita und Eleni, welchen Rhythmus sie Jalla und den Zwillingen, welche Schwere oder Leichtigkeit sie Josi und Paul in den verschiedenen Szenen geschenkt haben.
Und dann wird mir plötzlich wieder einmal klar, wie verrückt und schön und unglaublich es ist, dass eine Idee, die vor etwa einem Jahr nur in meinem Kopf und meinem Herzen existiert hat, nun ein Buch und ein Hörbuch ist, das von Menschen gelesen und gehört werden wird.

Immer am Meer entlang von Franziska Jebens

Gelesen von Corinna Dorenkamp und Louis Friedemann Thiele
ISBN: 9788728409909
ET: 16.03.2023

Manchmal muss man aufbrechen, um sich wirklich zu finden
Josi träumt seit ihrer Kindheit davon, mit einem alten Bulli Europas Küsten zu erkunden. Paul hingegen entscheidet sich spontan für einen Road Trip, um seinem festgefahrenen Alltag zu entfliehen. Ihre Wege kreuzen sich. Erst zufällig, dann absichtlich und immer öfter. Auf ihren Routen hinterlassen sie sich gegenseitig kleine Botschaften und lernen dabei nicht nur einander, sondern auch sich selbst besser kennen.

Ähnliche Beiträge